erfahrungsbericht_charlotteanlauff


Persönlicher Erfahrungsbericht

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für Australien-Interessierte von Charlotte Anlauff

Gasthochschule: La Trobe University
Zeitraum: 09/2014 bis 01/2015

Die Erfahrungen der anderen machen uns klüger...

Liebe Studierende,

Sie können sich in Ihrem Erfahrungsbericht an die gegebenen Stichpunkte halten und sie als Orientierung benutzen. Sie können aber auch gern eine eigene Reihenfolge und Auswahl von Mitteilenswertem bestimmen.

Allgemeine Angaben

G'day mate? Auslandssemester an der La Trobe University im WS 14/15

6 Monate Australien, was könnte einem dort wohl erwarten? Wie es sich für eine echte Medienwissenschaftlerin gehört, habe mich vorab mithilfe eines bekannten Videoportals über den Lebensstil der Australier informiert. Dort findet man nämlich die ausfürliche Schulung "How to Speak Australian", produziert von ein paar engagierten Indern der Universität Delhi. Schon die erste Einstellung ist vielversprechend: Zwei "Australier" stehen bei bestem Wetter am "Barbie", ihrem heißgeliebten Grill, im Hintergrund weht die Australische Flagge. So viel zur Fremdeinschätzung der Australier: Immer fröhlich, karnivor und stets mit Bier in der Hand. Wie viel sich davon bewahrheitet hat, möchte ich euch in diesem Bericht erzählen.

Bei meiner Ankunft in Melbourne im Juli 2014 sah es zunächst nach allem, aber nicht nach Grillwetter aus, denn nach 32 Stunden unterwegs kann einem 10 Grad und Regen ganz schön auf das Gemüt schlagen. Die vier Millionen Stadt Melbourne liegt im Südosten Australiens und ist neben den vielen charmanten Stadtvierteln und der ausgeprägten Kulturlandschaft vorallem für eins bekannt: Äußerst wechselhaftes Wetter. Daher möchte ich zu Beginn dieses Berichts gleich einen modischen Ratschlag erteilen: Der Zwiebellook ist wieder in! Trotzdem sollte man sich nicht von den Australiern beirren lassen, die auch schon bei den kleinsten Sonnenstrahlen mit kurzen Hosen und Flip-Flops in die Uni kommen – meine Vermutung lautet, dass die „Aussies“ bezogen auf Kälteempfinden andere Gene haben als wir.

Bis zu dieser Erkenntnis hatte ich bereits einige Monate Planung hinter mir. Etwas mehr ein Jahr im Voraus informierte ich mich über die Partnerhochschulen der Universität Potsdam und entschied mich für die La Trobe University. Neben dem Kriterium „möglichst weit weg“ reizten mich vorrangig das multikulturelle Leben der Stadt und das breitgefächerte Studienangebot der Uni. In der gesamten Bewerbungsphase hat mir die Koordinatorin der Gastuni über Email Unterstützung angeboten und wurde laufend schriftlich über die nächsten Schritte, beispielsweise der Kurswahl, informiert.

Nach Erhalt der Bestätigung der La Trobe musste noch einiges organisiert werden. Ich kann nur empfehlen, den Flug über STA Travel zu buchen, da er so unkompliziert und für wenig Geld umgebucht werden kann, sollte man die Rückreise in das kalte Deutschland noch etwas hinauszögern wollen. Ein Visum kann online beantragt werden und wird in der Regel binnen weniger Tage bearbeitet. Hierfür und für die Krankenversicherung (OSHC), welche über die Uni organisiert wird, sollten allerdings noch einige hundert Dollar mehr im Budget eingeplant werden. Kurz vor Semesterstart wird von der Uni außerdem eine Kennenlernfahrt an die Great Ocean Road organisiert. Wer in Potsdam zu diesem Zeitpunkt keine Klausuren mehr schreiben muss, sollte diese unbedingt miterleben, da so gleich erste Kontakte zu anderen Austauschstudierenden geknüpft werden können. Ein weiterer Tipp: Ein Shuttle der Uni holt euch bei Ankunft auch vom Flughafen ab und bringt euch zu eurem neuen australischen Zuhause, auch dieser muss eine Woche im Voraus gebucht werden.

Apropos Unterkunft: Einige Wochen vor Abflug habe ich in der Facebookgruppe "La Trobe Abroad and Exchange Program" einen Aufruf gestartet und so für die ersten zwei Wochen ein Zimmer gefunden. Meine Vermieterin war zu diesem Zeitpunkt noch im Urlaub und meine Mitbewohnerin auf Zeit hat mich nicht nur bei der Suche nach einer längeren Bleibe unterstützt, sondern auch die Stadt gezeigt. Die zweite Wohnung habe ich über ein in Australien bekanntes Internetportal names Gumtree gefunden: Zwar waren auch viele unseriöse Angebote dabei (Zimmer über Tantra-Salon? Freies Wohnen gegen Kochen und Putzen?), insgesamt gestaltete sich die Suche recht unkompliziert. Für ein Zimmer sollten 150$-250$ pro Woche angeschlagen werden.

Ob man lieber in einer WG in der Stadt wie ich oder auf dem Campus wohnen möchte, solltet ihr sorgfältig abwägen. Für den Campus spricht definitiv, dass man zu allen Lehrveranstaltungen laufen kann und nie allein ist: Dort teilt man sich mit etwa 10 anderen eine Wohnung mit Küche und Bad, abends werden viele wilde Parties gefeiert und es sind dort viele enge Freundschaften entstanden. Nachteil ist, dass der Weg in die Stadt etwa eine Stunde dauert und einem die ständige Gesellschaft auch mal zu viel werden könnte. Ich habe mich letztendlich für eine Bleibe in den nördlichen Suburbs entschieden, von dort war ich in etwa 15 Minuten im Central Business District und in 30 Minuten an der Uni. Praktisch war die Nähe zum Bezirk Fitzroy, der schon fast Berliner Kiezcharakter hat und voller ausgefallener Restaurants, Galerien und Boutiquen ist.

Beliebte Suburbs unter Studierenden sind Northcote, Clifton Hill, Fitzroy, Richmond, Brunswick, Carlton und das CBD, wichtig ist, dass sich eure Wohnung möglichst an der Tram 86 oder den Bussen 250 oder 350 befindet, damit ihr schnell und unkompliziert zur Uni kommt. Als Exchange Student zahlt ihr außerdem nur die Hälfte für das Busticket. Allerdings ist auch hier die Beantragung mit etwas Bürokratie verbunden, es lohnt sich aber. Auch bei Monatstickets spart man gegenüber der zweiten Variante, bei der man ein Guthaben auf die bei den Melbournians verhasste „myki Card“ lädt. Ich habe mir außerdem ein gebrauchtes Fahrrad gekauft, auch diese Anschaffung hat sich gelohnt: In Melbourne gibt es viele tolle „Cycling Trails“, vorallem zwischen verschiedenen Bezirken außerhalb des Zentrum ist man abends damit viel flexibler.

Die Lebensunterhaltungskosten in Australien sind zwar etwas höher, aber es gibt definitiv Wege, im Alltag zu sparen. Dazu gehört, am Vorabend lieber größere Portionen zu kochen und mit zur Uni zu nehmen, da es keine Mensa gibt, dafür aber Mikrowellen. Es gibt zwar viele leckere Imbisse wie Chinesen, Inder, Sushi Bar, oder auch Subway, unter 7$ wird man aber nicht unbedingt satt. Außerdem kann man verhältnismäßig günstig bei Aldi einkaufen, auf Angebote bei den großen Ketten Coles und Woolworth achten und Sonntagmittag auf dem Markt günstig frisches Obst und Gemüse kaufen. Melbourne hat auch viele kostenlose Aktivitäten für ein knappes studentisches Budget zu bieten, zum Beispiel die vielen Museen, ein Picknick an den Grillstationen im Park, einen Ausflug an den Strand oder eine Radtour. Neben der Uni ist auch genug Zeit zum Arbeiten, hier lohnt es sich, bei der Auslandskoordinatorin anzufragen, ob studentische Hilfskräfte benötigt werden. Hier verdient man sehr gut und ist auch vertraglich gut abgesichert, anders als bei einem Kellner- oder Barjob in der Stadt. Denn in diesem Zusammenhang habe ich meine einzig schlechte Erfahrung in Australien gemacht: Ich kam von einem Kurztrip in den Semesterferien zurück und wollte zu meiner Schicht im Restaurant, da stehe ich vor verschlossenen Türen einer Bauruine, mein Gehalt habe ich natürlich nie gesehen. Auch wenn schwarzbezahlte Kellnerjobs ebenso üblich sind wie in Deutschland, sollte man doch lieber die Finger davon lassen – Die Fluktuation von Backpackern und ausländischen Studierenden ist so hoch, dass die schwarzen Schafe der Branche schnell in Versuchung geraten, die Situation auszunutzen.

Der Unialltag hat mir sehr gefallen, die La Trobe hat einen riesigen Campus mit allem, was man braucht. Insgesamt sind die Lehrveranstaltungen so aufgebaut, dass es zu jedem Fach eine Vorlesung und ein Tutorium gibt. Die Tutorien sind oft in kleinen Gruppen von 15 Leuten und gerade als Austauschstudentin wird einem von den Tutor_innen viel Hilfe angeboten. Man kann 3 oder 4 Fächer wählen, beides ist vom Aufwand her gut machbar. Wer aber das meiste aus der Erfahrung Auslandssemester herausholen möchte und die Wahl hat, dem würde ich empfehlen, nur drei Fächer zu wählen. Unter dem Semester müssen etwa 2-3 Assingments pro Fach abgegeben werden, die jeweils einen Umfang von 1200-200 Wörter haben. Am Ende des Semesters wird eine Klausur geschrieben oder ein Projekt größeren Umfang abgeben werden. In der Bibliothek kann man sich von einem Learning Advisor Hilfe einholen, wenn es um schriftliche Arbeiten geht oder sogar seinen Lebenslauf durchchecken lassen. Die Bibliothek war für mich nicht nur Ort zum Lernen, sondern auch ein sozialer Raum, um mit Freunden gemeinsam zu lernen und habe dort wirklich viele Angebote nutzen können. Wer genug Zeit in der Bib verbracht hat, kann sich im Sport Center auspowern: Vom Schwimmbad über Yoga ist hier wirklich alles möglich. Ansonsten gibt es an der La Trobe viele Clubs und Societies, in denen man sich engagieren kann. Es ist eine super Möglichkeit, um auch die einheimischen Studierenden besser kennenzulernen, da das in den Unikursen oft zu kurz kommt. Hier ist für alle Interessen etwas dabei und es werden viele Ausflüge organisiert, bei denen man auch Tauchen oder Surfen lernen kann.

Ansonsten habe ich in meiner Freizeit oft an den Veranstaltungen des „Exchange Clubs“ teilgenommen, die wirklich gute Dinge auf die Beine stellen. Am Wochenende bin ich viel mit Freunden in die nähere Umgebung Melbournes gefahren, zum Beispiel an die Great Ocean Road, in die Grampians oder einfach an den Strand. Ein schönes Erlebnis war die Teilnahme am „Weekend Program“ der Uni, wo ausländische Studierenden australischen Familien in ländlichen Gebieten zugeteilt werden und gemeinsam ein Wochenende verbringen. Meine Gastfamilie war sehr nett und hat mich sogar noch einmal zu Weihnachten eingeladen. Ein richtiges australisches Weihnachten war eine wirklich tolle Erfahrung. Die Australier grillen zwar tatsächlich auch an Weihnachten, wie das anfänglich beschriebene Video schon suggeriert, sind aber keineswegs immer so prollig wie ihr Ruf. Stattdessen trifft man auf viele herzliche und hilfsbereite Menschen, die einem das Einleben bestens erleichtern.

Eine weitere Möglichkeit, Land und Leute noch besser kennenzulernen, ist natürlich das Reisen. Ich habe mir nach dem Semester noch zwei Monate Zeit genommen und bin an der Ost- und Westküste gereist. Aber die vielen Erfahrungen, die ich dort gemacht habe, könnten nochmal einen ganz eigenen Erfahrungsbericht ausfüllen. Bei Fragen hierzu könnt ihr euch selbstverständlich auch gern an mich wenden. Fakt ist, dass man diese einmalige Gelegenheit, unbedingt nutzen sollte, das Land hat wirklich viel zu bieten.

Wollt ihr noch mehr wissen? Dann schaut mal hier: